Okay, machen wir es kurz: Tony Stark ist Iron Man. Wir wissen das, Tony weiß das offensichtlich. Und seine Vertrauten wissen darüber auch Bescheid, gar keine Frage. Blöd nur, dass seine Feinde das auch wissen und ihm dementsprechend in Marvel’s Iron Man VR, das vor kurzem exklusiv für PlayStation VR erschienen ist, die Hölle heiß machen.
Viel wichtiger aber als die Frage wie der Superheld in der eisernen Rüstung mit der neuen Bedrohung durch die mysteriöse Ghost umgeht, ist doch die, wie wir uns als Iron Man fühlen, wenn wir in der virtuellen Realität in seine Rolle schlüpfen. Und diese Frage gilt es im folgenden Test zu klären.
Wie fühlt es sich an, ein Held zu sein?
Die kurze Antwort auf diese Frage ist: Fantastisch. Ja, wirklich. Wenn man in der virtuellen Realität die verschiedenen Rüstungsteile auf sich zufliegen sieht und diese Stück für Stück Teil des Körpers werden, nur damit man im Anschluss mit den Thrustern in die Luft fliegen kann, ist so beeindruckend wie bisher in noch keinem Videospiel zuvor. Das liegt selbstverständlich an dem extrem immersiven Zusammenspiel aus Ego-Perspektive und dem VR-Effekt. Man ist beim Spielen einfach Mittendrin und fühlt sich, so wie sich sonst wohl nur Tony Stark selbst fühlt. Es ist auf den ersten und auch zweiten Blick beeindruckend, wie gut Entwickler Camouflaj dieses Gefühl zu vermitteln verstehen.
Die längere Antwort auf die Frage berücksichtigt indes auch die Probleme, die Marvel’s Iron Man VR an Bord hat. So kann nämlich gerade die Steuerung auf den ersten Blick gleichzeitig intuitiv und doch überfordernd sein. Man bewegt sich nämlich ausschließlich mit Hilfe der Move Controller durch die mitunter weitläufig gestalteten Level und Areale. In der Rolle von Tony Stark ist das überschaubarer und simpler. Man teleportiert sich durch die Abschnitte, kann mit Gegenständen interagieren und sich mit Personen unterhalten. Mitunter kann man in Dialogen sogar kleinere Entscheidungen treffen, die zwar den Gesprächsverlauf, aber nicht die Geschichte beeinflussen. Kleinere Minispiele runden diese Teile des Hauptspiels zusätzlich ab. Unweit komplexer wird es, wenn wir in die Rüstung des Helden schlüpfen.
Suit Up!
Denn nun kontrolliert jeder der beiden Move Controller eine Hand. Halten wir die Flächen nach unten und drücken den entsprechenden Knöpf können wir nach oben und unten schweben, oder versuchen manuell die Höhe zu halten. Richten wir die virtuellen Handflächen nach hinten, können wir indes an Fahrt aufnehmen und in Blickrichtung fliegen. Ein zusätzlich aktivierbarer Boost-Modus beschleunigt uns dann auf gefühlte Lichtgeschwindigkeit. Zwar dauert es etwas, bis die Steuerung in Fleisch und Blut übergeht, aber dann lassen sich tolle Flugmanöver absolvieren und man fühlt sich beinahe so, als würde man tatsächlich fliegen. Hier trumpft Marvel’s Iron Man VR auf, denn so gut hat sich das bisher in noch keinem anderen Spiel angefühlt!
Ungleich fordernder wird es aber, wenn Gegner ins Spiel kommen. Dabei handelt es sich meist um Drohnen, das ein oder andere Mal aber auch um Zwischen- und Endbosse. Für jeden dieser Feinde braucht man eine andere Taktik, die allerdings schnell zu durchschauen ist. Nun muss man aber darauf achten, dass man nicht nur fliegt, sondern die Feinde abschießen, ihnen ausweichen oder sie mit einem wuchtigen Nahkampfangriff Schaden zufügen muss. Bis hier die Routine kommt, kann ein paar Spielstunden dauern.
Aufrüsten und Üben
Doch zum Glück landet man im Laufe der knapp zehnstündigen Kampagne immer wieder in Tonys Anwesen in Kalifornien. Von dort aus lassen sich nicht nur die verschiedenen Level wählen, sondern man kann seinen Anzug auch aufrüsten und anpassen. Dazu werden Punkte benötigt, die man bekommt, wenn man in Level abschließt, oder sich an einer von vielen verschiedenen Herausforderungsmissionen versucht. Je besser man dort ist, umso mehr Punkte gibt es auch. Dadurch lassen sich nicht nur verschiedene Waffen- und Abwehrsysteme verbessern, sondern auch neue freischalten. Zwar bleiben die Anpassungsmöglichkeiten begrenzt, man kann seinen Iron Man-Anzug allerdings ein Stück weit dem eigenen Spielstil angleichen.
Zudem eignen sich die erwähnten Nebenmissionen hervorragend, um sich besser an die Steuerung zu gewöhnen und die neuen Loadouts zu testen, ehe man in das nächste Kampagnen-Level zieht.
Uninspirierte Story & Repetitives Gameplay
Bei all den tollen Errungenschaften der Entwickler müssen wir aber auch die Schattenseiten von Iron Man VR besprechen. Diese sind zwar nicht gravierend, dämpfen aber den Spielspaß durchaus. So ist zum Beispiel die grundsätzliche Iron Man-Stimmung mit Tony Starks bissigen Kommentaren und einer eher ironischen KI sehr gut eingefangen, die Story ist am Ende aber doch eher belanglos und vorhersehbar. Wirkliche Überraschungen gibt es leider keine.
Ähnliches gilt für das Gameplay. So cool und wahnwitzig es sich anfühlt durch die Level zu fliegen und gegen die Drohnen zu kämpfen, so ernüchternd ist es auf Dauer. Denn es gibt zu wenige Gegnertypen und bereits nach zwei Spielstunden hat man so ziemlich alles gesehen, was das Spiel einem zu bieten hat. Aus der anfänglichen Überforderung wird viel zu schnell eine arcadige Ballerei. Das macht immer noch Spaß, der anfängliche Funke will aber leider kein Feuer entfachen, das über die gesamte Spielzeit anhält.
Zur Grafik und Technik
Für einen PlayStation VR-Titel sieht Marvel’s Iron Man VR sehr gut aus. Gerade die Charaktermodelle wissen in Nahaufnahme zu gefallen. Aber auch die Umgebungsgrafiken sind durchaus gelungen. Zwar fehlen hier und da die Details, aber das stört während des Spielens eigentlich kaum. Natürlich holt sich Camouflajs VR-Ausflug hier nicht unbedingt die Grafikkrone, aber präsentiert sich grafisch eben dennoch mehr als nur solide.
Leider sind die Ladezeiten unverhätnismäßig lang. Ehrlich, ich habe glaube ich noch nie so lange mit aufgesetztem VR-Headset aufeinen langweiligen Ladebildschirm gestarrt wie hier. Zwei bis drei Minuten kann man damit zwischen und dummerweise mitunter auch während der Missionen verbringen. Das ist ein absolutes No-Go, gerade weil es einen immer wieder viel zu lange aus der sonst doch so gelungenen Immersion reißt.
Ansonsten funktioniert das Tracking der Move Controller sehr gut, auch wenn man den Titel auf jeden Fall im Stehen spielen sollte. Zu groß ist sonst die Gefahr, dass die Controller nicht erfasst werden. Dank zahlreicher Anpassungsoptionen sollten auch jene Menschen, die Probleme mit Motion Sickness haben, problemlos in die Rolle des Iron Man schlüpfen können.
Fazit
Trotz aller Kritikpunkte ist Marvel’s Iron Man VR ein äußerst gelungener Ausflug sowohl in die virtuelle Realität als auch in Marvels Superheldenuniversum. Einmal verinnerlicht macht die Steuerung sehr viel Spaß und das Spiel gibt einem genügend Freiheiten, um sich ganz wie der titelgebende Held zu fühlen. Wären nicht die extrem langen Ladezeiten und das auf Dauer doch zu repetitive Gameplay, ich würde eine uneingeschränkte Kaufempfehlung aussprechen. So empfehle ich einen Blick auf die kostenlose Demo-Version zu werfen, ehe man zuschlägt.
Dennoch macht das Spiel einen mehr als nur ordentlichen Eindruck und ist gerade für Fans des Superhelden interessant. Aber auch Freunde arcadiger Action sollten voll auf ihre Kosten kommen.
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8/10
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7.5/10
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7/10
Zusammenfassung
Mehr als solider Ausflug ins Marvel-Universum, der es vor allen Dingen schafft ein authentisches Iron Man-Gefühl zu vermitteln. Da kann man auch mal über die technischen Unzulänglicheiten hinwegsehen. Denn der Spielspaß stimmt durchaus. Und mit knapp zehn Stunden ist Marvel’s Iron Man VR sogar überraschend lang.
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