Der neueste Ableger der Paper Mario-Reihe wurde in diesem Jahr angekündigt und war nur wenige Monate später bereits erhältlich. Das ging unverhältnismäßig fix selbst für Nintendo-Verhältnisse. Dabei war der Rollenspiel-Puzzle-Hybrid gewiss längere Zeit in Entwicklung. Aber ob Paper Mario: The Origami King auch abseits des wunderschönen Papierschnipsel-Looks zu überzeugen weiß, soll der folgende Test klären.
Dabei lautet die kurze Antwort: Ja, Paper Mario: The Origami King ist ein kunterbuntes und grafisch eines der schönsten Nintendo Switch-Spiele bis dato. Das liegt nicht nur am gelungenen Papier- und Origami-Artstyle, sondern auch an dessen Umsetzung. Es überzeugt aber auch mit einem tollen Humor, überraschend vielschichtigen (Neben-)Charakteren und einer interessanten Handlung. Die Erkundung der verspielten und detailverliebten Welt macht immer Spaß und die Kämpfe bringen schöne Puzzles ins Gameplay. Doch gerade diese erweisen sich als Achillessehne des Spiels. Dazu später aber mehr.
Angriff der Origamikrieger
Und erst einmal ein paar Worte zur Rahmenhandlung, die serientypisch erst einmal nach wenig klingt. Das Origamiwesen Olly überfällt mit seinen ebenfalls gefalteten Papierschergen das Pilzkönigreich und sucht sich als Ziel selbstverständlich das Schloss von Prinzessin Peach und die nahegelegene Stadt Toad Town aus. Mario und Luigi, die im Rahmen des eigentlich stattfindenden Origamifests zufällig vor Ort sind, werden Zeuge des Ganzen und sehen sich plötzlich einer Überzahl an Faltpapierwesen gegenüber.
Die Ereignisse überschlagen sich und Mario muss gemeinsam mit seiner neuen Begleiterin Olivia, einer schwebenden Origamiplaudertasche, auf eine gefährliche Reise begeben, um bunte Papierschlangen, die sich von unterschiedlichen Orten der Welt ausgehend um das Schloss der Prinzessin geschlungen haben, aufzulösen und Olly zu besiegen. Denn seine Pläne beinhalten das Ende der Welt wie der gutmütige Klempner und alle anderen Bewohner sie kennen.
Trotz dieser doch reicht simplen Prämisse schaffen es die Entwickler eine überaus spannende und abwechslungsreiche Story zu erzählen, in denen selbst eine mehr als unerwartete Prise Dramatik ihren Raum erhält. Ich bin ehrlich, mit der ein oder anderen Entwicklung hatte ich in dieser Form nicht gerechnet. Alleine das ist Intelligent Systems hoch anzurechen.
Eine abwechslungsreiche Welt zum Mitnehmen bitte
Der eigentliche Star von Paper Mario: The Origami King ist aber gar nicht so sehr die tolle Geschichte als vielmehr die abwechslungsreich gestaltete Spielwelt. Mit wieviel Liebe zum Detail die Entwickler hier gearbeitete haben, lässt einen immer wieder staunend innehalten. Das letzte Nintendo-Spiel, das diese kunterbunte Mischung aus Kreativität und genialem Leveldesign hatte, war Luigis Mansion 3, das im vergangenen Jahr erschienen ist.
Nicht nur, dass man als Mario durch verschiedene Ortschaften, Wüsten, einen Ninja-Vergnügungspark, mit einem Schiff über das Meer, durch dicht bewachsene Felder und an Bord eines Kreuzfahrtschiff (sowie vieles mehr) landet, es warten auch immer zahlreiche Geheimgänge, Boni und Nebenaufgaben, die man lösen kann. Grafisch sieht das sowohl auf dem Handheld als auch dem TV so schön und knackscharf aus, das man sich trotz des simplen Grafikstils in der Welt verlieren kann.
Daneben warten mal mehr mal weniger fordernde Gameplay-Änderungen auf die SpielerInnen. Das Grundprinzip ändert sich zwar nie, aber neue Mechaniken oder Minispiele ergänzen dieses zeitweise und sorgen so für Abwechslung beim Puzzle-Grind. So warten klassische Plattforming-Einlagen, Miniboss-Kämpfe, bei denen Timing gefragt ist, eine eigenartige Theater-Inszenierung und Mini-Dungeons, die entfernte Erinnerungen an The Legend of Zelda wecken können. Paper Mario: The Origami King verlässt sich nicht nur auf den eigenen Gameplay-Loop von rundenbasierten Kämpfen und Erkundung, sondern lockert diesen ständig auf. Es ist einfach klasse was hier auf die Beine gestellt wurde.
Ordnung muss sein!
Während man sich durch die Spielwelt bewegt, stößt man immer wieder auf Löcher in der Kulisse. Diese sehen aus, als wäre Papier vom Gestellt gerissen worden und stellen nicht nur bodenlose Abgründe für unsere Helden da, sondern müssen mitunter gestopft werden, um das Vorankommen zu gewährleisten. Hier kommt Marios neuer Konfettibeutel zum Einsatz. Schlägt mit seinem mitgeführten Hammer auf Bäume und Büsche, oder besiegt Gegner, sammelt man das daraus entstehende Konfetti auf, mit man den Beutel füllt. Durch Knopfdruck kann Mario nun die Papierschnipsel in die Luft werfen und somit besagte Löcher stopfen. Als Belohnung warten Münzen, Gegenstände oder Geheimpfade.
Zudem sind neben besagten Geheimnissen auch noch Toads in jedem Level versteckt. Wer sie sucht und findet, bekommt nicht nur Münzen oder Lebenskraftupdates, sondern auch tatkräftige Unterstützung im Kampf. Aber dazu müssensie erst einmal gefunden werden. Und das ist nicht immer offensichtlich, oder einfach. Mal sind sie zusammengefaltet in einem Baum, mal entpuppt sich ein herumfliegender Schmetterling als Toad. Oder sie müssen unter einem Felsen hervorgezogen, aus einem Loch gehämmert oder sonstwie befreit werden. Neben der Belohnung darf man sich dann noch über eine fadenscheinige Ausrede oder einen blöden Witz freuen. Diese zünden nicht immer, unterm Strich hat man aber dennoch Spaß mit den Pilzköpfen.
Papierkrieg
Machen wir uns nichts vor, Paper Mario hat als Reihe die eigenen Rollenspielwurzeln schon lange hinter sich gelassen. Daran ändert auch der neueste Ableger nichts. Auch wenn die Kämpfe am ehesten den alten RPG-Zauber zurückbringen. Denn die rundenbasierten Konfrontationen gegeben Origami-Variationen bekannter Super Mario-Feinde machen Spaß und verlangen taktisches Vorgehen. Beim Feindkontakt wechselt man als SpielerIn in einen eigenen Kampfbildschirm. Dort steht Mario in der Mitte eines großen Kreises, der wiederum in einzelne kleiner werden Kreise sowie entsprechende Segmente unterteilt ist.
Die Feinde selbst werden durcheinander gewürfelt und überall auf den Segmenten verteilt. Man hat nun begrenzt Zeit die Gegner so anzuordnen, dass Mario sie attackieren kann. Dazu kann man die Kreise drehen oder sie diagonal verschieben, um sie in Position zu bringen. Perfekt angeordnet sind sie entweder wenn sie in einer Reihe hintereinander stehen, oder in zweier Paaren neben- und hintereinander stehen. Denn nur dann kann man im Anschluss als Aktion auf sie springen oder sie mit einem Rundumschlag des Hammers attackieren.
Je nach Anzahl der Feinde stehen einem mehr oder weniger Aktionen zur Verfügung und auch die Zahl der Drehbewegungen ist begrenzt. Sollte man es mal nicht schaffen die Feinde perfekt anzuordnen – was einen Angriffsbonus bringt – ist das aber auch nicht tragisch. Der Schwierigkeitsgrad von Paper Mario: The Origami King ist weitestgehend moderat und verzeiht Fehler durchaus. Lästiger wird nur, wenn die Kämpfe aus mehreren Wellen bestehen, oder wenn man auf einen der zahlreichen Bosse trifft.
Bürobedarfs-Action
Die End- und Zwischenbosse sind vom Design brillant. Sie erinnern nicht nur oft an Dinge, die man sonst eher in und auf seinem Schreibtisch findet, sondern auch mal an Origami-Versionen von Fabel- und Tierwesen. Der eigentliche Clou aber ist, dass sich bei diesen Kämpfen das Spielsystem nochmals ändert. Zwar bleibt man auch hier dem Kreissystem treu, aber nun steht nicht länger Mario in der Mitte, sondern der entsprechende Boss.
Das Ziel ist es nun wie bei einer Art Brettspiel, die Kreise so anzuordnen, dass man sich einen Weg zum Gegner bahnt und gegebenenfalls noch Aktionen ausführen kann, die diesen schwächen oder Energie abziehen. Da zudem jede Boss andere Taktiken hat, die unter anderem auch das Spielbrett verändern können, kommt man auch mal ins Schwitzen. Nichtsdetotrotz macht es richtig viel Spaß, die Kreise unter Zeitdruck anzuordnen und seine Züge so gut es geht zu planen. Und sollte es mal knapp werden, kann man auf Knopfdruck Münzen in eine Erweiterung der Zeit stecken oder die gesammelten Toads um Hilfe bitten.
Je nachdem wie viele man bereits im Laufe des Spiels gefunden hat, fällt auch die Hilfestellung aus. Mal werden die Kreise und Segmente besser angeordnet, mal regnet es Hilfsgegenstände. Es ist schön zu sehen, wie gut hier die verschiedenen Mechaniken ineinandergreifen. Zumal man auf diese Features nicht nur in den Boss- sondern auch den normalen Kämpfen zurückgreifen kann.
Origamifaltarme to go
Sowohl in den Kämpfen als auch während der Erkundung sind die neuen Origamifaltarme hilfreich, die Mario auf entsprechenden Feldern aktivieren kann. Mal müssen Mauern eingerissen oder Spulen abgezogen werden, um voranzukommen – oder sie decken Geheimgänge auf. Sie wachsen einfach aus unserem flachen Klempner heraus und können sowohl über den Analogstick als auch mit Bewegungssteuerung kontrolliert werden. Doch gerade im Handheld-Modus empfand ich ersteres als sehr viel angenehmer.
In den Bosskämpfen entscheiden sowohl Arme als auch besagte Felder oft über Sieg oder Niederlage. Blöd nur, dass man diese erst einmal aktivieren muss, ehe man sie nutzen kann. Wer gut taktiert, wird leichtes Spiel haben, sonst heißt es, die nächste Runde abzuwarten, ehe man einen vernichtenden Angriff starten kann.
Sound und Lokalisation
Nintendo-typisch ist die deutsche Übersetzung hervorragend gelungen. Man schafft es nicht nur den Charme der englischen Version perfekt einzufangen, sondern auch die vielen verschiedenen Wortspiele toll ins deutsche zu übertragen. Egal, welche Sprachversion ihr bevorzugt, es gibt nichts an ihr auszusetzen. Ähnliches gilt auch für den Soundtrack des Spiels. Verschiedene Kompositionen gehen oft ins Ohr und Variationen bekannter Themen sorgen für Wiedererkennungswert. Es ist ein rundum gelungener Soundtrack, der sich meist perfekt einfügt.
Fazit
Ich bin ganz ehrlich, meine Erwartungshaltung gegenüber Paper Mario: The Origami King war eher gering. Die letzten Ableger waren meiner Meinung nach eher solide und vom ehemaligen Rollenspielcharme der GameCube-Ära konnte ich auch in Trailer nichts mehr wiederfinden. Umso überraschter war ich dann aber, als ich feststellen musste, wie viel Spaß der Titel macht. Das Gameplay ist schlichtweg exzellent und wird so abwechslungsreich inszeniert, dass man nach dem etwas zähen Einstieg komplett in der Welt verschwinden möchte.
Die Kämpfe machen richtig viel Spaß, auch wenn sie nur dem Zweck dienen, Kämpfe ins Spiel zu bringen. Durch das Fehlen von Rollenspielelementen gibt es auch keinen klassischen Levelaufstieg mehr. Doch das Taktieren und Verschieben der Kreise und Segmente fordert und kitzelt jene Endorphine aus dem Hirn, die es braucht, um sich mit dem Ergebnis wohl zu fühlen. Die Entwickler konnten sich aber auch abseits dieser Kämpfe austoben und das Ergebnis ist nicht nur eines der schönsten Nintendo Switch-Spiele, sondern auch eines der verspieltesten und detailverliebtesten der letzten Jahre. Das ist einfach ein herausragendes Spiel für Jung und Alt!
-
9/10
-
9/10
-
9/10
-
9/10
Zusammenfassung
Paper Mario: The Origami King ist ein einsteigerfreundliches und wahnsinnig kreatives Adventure. Die Kämpfe sind gelungen und die Erkundung der Spielwelt sowie der tolle Humor sorgen dafür, dass es eines der spaßigsten Spiele diesen Jahres ist.
Weitere Artikel
Apex Legends – Festlichkeits-Trailer zeigt eine große Party
Bazzle – Neues Puzzle Game für Nintendo Switch veröffentlicht
Bau-Simulator – Im GameWire-Review